Ein Machtkampf in der Chefetage stellt den Hamburger SV sieben Wochen vor Beginn der neuen Saison vor die Zerreißprobe.
Zwischen Sportchef Dietmar Beiersdorfer und dem Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann ist ein Führungsstreit entbrannt, der so heftig ist, dass die Beteiligten ihn unter vier Augen nicht mehr lösen können.
Beiersdorfer wandte sich Hilfe suchend an den Aufsichtsratsvorsitzenden Horst Becker. Spätestens am Dienstag soll es eine Krisensitzung geben.
Seeler fordert Ende der Zwistigkeiten
"Es gibt unterschiedliche Auffassungen sowohl in der Arbeitsweise als auch in der Abgrenzung der Kompetenzbereiche", sagte Beiersdorfer dem "Hamburger Abendblatt".
Diese seien auf der Ebene des Vorstands nicht mehr zu regeln gewesen, erklärte der Sportchef und bezeichnete seinen möglichen Rücktritt schon mal vorsorglich als "ausgeschlossen".
Klub-Idol Uwe Seeler forderte das Ende aller Zwistigkeiten und sprach wie schon so oft den HSV-Fans aus der Seele. "Beide sind erwachsene Menschen. Sie sollten sich im Interesse des Vereins einigen, und es sollte ihnen dabei nur um die Sache gehen", sagte der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft dem "Sport-Informations-Dienst".
Becker will beide Seiten anhören und vermitteln
Aufsichtsrats-Chef Becker, der erst am Montag von einer Reise mit der Queen Mary nach New York zurückkehrt, hat sich der Sache angenommen.
"Das Gespräch mit Beiersdorfer dauerte über zwei Stunden, ich nehme seine Probleme sehr ernst", sagte Becker der "Welt am Sonntag". "Ich bin aber der Meinung, dass man sich immer beide Seiten anhören muss, um zu einem Urteil zu finden."
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Mit Hoffmann habe er wegen seiner Reise bislang nur telefoniert. Ein persönliches Gespräch soll schnell folgen. Ob es am Ende des vorgesehenen Krisengesprächs zu personellen Konsequenzen kommt, ist nach Ansicht des Aufsichtsratschefs völlig offen.
"Wir wollen in dieser Besetzung weiter arbeiten, sonst bräuchten wir solch einen Termin ja gar nicht anzusetzen", sagte Becker.
HSV-Fans warten weiter auf ersten Neuzugang
Dass der Aufsichtsrat zwischen Hoffmann und Beiersdorfer vermitteln muss, hält Seeler nicht zwangsläufig für bedenklich: "Wenn etwas angespannt ist, ist die Einschaltung eines Vermittlers manchmal genau der richtige Weg."
Er hoffe, dass schnell eine Lösung gefunden werde, und glaube daran, dass eine weitere Zusammenarbeit zwischen Hoffmann und Beiersdorfer möglich sei: "Die beiden sind ganz unterschiedliche Typen, aber das ist kein Nachteil. Umso mehr können beide dem Verein geben. Sie sollen sich in der Mitte treffen - und dann werden wir deutscher Meister."
Zwei Wochen vor dem Trainingsauftakt mit dem neuen Coach Bruno Labbadia soll es vor allem unterschiedliche Auffassungen über die Transferpolitik geben. Bislang hat der HSV noch keinen Zugang für die neue Saison verpflichtet.
Beiersdorfer und Hoffmann völlig unterschiedliche Typen
Die beiden HSV-Verantwortlichen sind völlig unterschiedliche Charaktere. Während der zurückhaltende und bei den Fans sehr beliebte Beiersdorfer Entscheidungen erst nach gründlicher Analyse trifft und sich selten offensiv in der Öffentlichkeit darstellt, wirkt Hoffmann wesentlich impulsiver und entscheidungsfreudiger und kann sich durch seine offene Art glänzend verkaufen.
Hoffmann und Beiersdorfer waren wegen unterschiedlicher Auffassungen schon in der Vergangenheit mehrmals aneinandergeraten.
So hielt Beiersdorfer gegen Hoffmanns Meinung Ende 2006 lange an Trainer Thomas Doll fest. Anfang 2008 konnten sie sich wochenlang nicht über einen Nachfolger für Coach Huub Stevens einigen.
Schon im Vorjahr hatte der Aufsichtsrat die beiden Top-Funktionäre zu einem Krisengespräch gebeten. Beiersdorfer ist seit August 2002 beim HSV tätig, Hoffmann folgte im Februar 2003. Der Verein erreichte mit beiden fünfmal in Folge einen internationalen Wettbwerb.
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