SPOX: Herr Meier, seit Ihrem Ende als Manager des 1. FC Köln ist es ruhig um Sie geworden. Was machen Sie derzeit?
Michael Meier: Ich arbeite selbständig an einigen Projekten innerhalb und außerhalb des Fußballs. Ich bin unter anderem Partner einer Personalberatungsgesellschaft in Düsseldorf. Die Verbindungen in den Fußball sind natürlich weiterhin am meisten ausgeprägt, denn da bin ich ja nach wie vor zu Hause. Aber auch Personalberatung ist ein Thema, das ich durch das Zusammenstellen von Mannschaften gut kenne. Des Weiteren geht es um Finanzierung und Marketing, speziell für Fußballklubs und Verbände. Mein Schwerpunkt liegt im Moment vor allem im Ausland, wo ich sehr gut vernetzt bin.
SPOX: Und die Koordination läuft vom heimischen Schreibtisch in Dortmund aus?
Meier: Ja, aber ich nutze natürlich alle modernen Kommunikationsmittel und reisefreudig bin ich auch nach wie vor. Ich bin sozusagen ein Ein-Mann-Betrieb, was für mich zunächst natürlich etwas gewöhnungsbedürftig war, da ich jahrelang ein Backoffice hatte, das mir Dinge wie Terminplanung, Organisation und Korrespondenz abgenommen hat. Aber es hat mir Spaß gemacht, mich in Programme wie Excel oder Power Point hineinzuarbeiten. Vor allem habe ich jetzt verstanden, wie umfangreich und zeitaufwändig die Arbeit meiner Assistentinnen war. Jetzt, wo ich auch das verstanden habe, gibt es mir das Selbstbewusstsein zu sagen, dass ich noch vieles lernen kann (lacht).
SPOX: Sie engagieren sich für die Erarbeitung eines Manager-Zertifikats, dem eine einjährige Ausbildung für die Tätigkeit als Fußballmanager zugrunde liegen soll. Können Sie diesen Ansatz genauer erklären?
Meier: Ich halte eine Grundausbildung zum Manager für ganz wichtig. Da kann ich aus eigener Erfahrung sprechen. Als ich 1981 beim 1. FC Köln eingestiegen bin, war der Manager-Beruf längst nicht so angesehen und so gewertschätzt innerhalb der Hierarchie eines Vereins, wie das heute der Fall ist. Ich stand erst einmal im Schatten von Präsident Peter Weiand, dem damaligen sporttechnischen Leiter Hannes Löhr und Trainer Rinus Michels. Daher konnte ich mich im Hintergrund in aller Ruhe in diese Materie einarbeiten und trat öffentlich erst in Erscheinung, als alle anderen, wie das beim 1. FC Köln des Öfteren in seiner langen Geschichte passiert, den Verein bereits verlassen hatten oder verlassen mussten. Ganz wichtig ist ein Partner oder ein Regulativ auf Augenhöhe. Das hatte ich beispielsweise in Dortmund mit Dr. Gerd Niebaum, mit dem ich jeden Tag stundenlang über den Klub und die Arbeit an sich diskutieren konnte.
SPOX: Dieses Regulativ fehlt Ihnen heutzutage zu oft?
Meier: Ja. Es ist mir aufgefallen, dass dies bei manchen Managern unberücksichtigt bleibt. Man stellt sie ein, weil sie einen guten Namen haben und bereits nachgewiesen haben, dass sie über gewisse Kenntnisse verfügen. Aber man lässt sie dann alleine, ohne ein Regulativ an der Seite, das auch einmal Kontra gibt oder Diskussionen anstößt. Darunter leidet meiner Ansicht nach in einigen Fällen das Berufsbild des Managers. Dieses Coaching, das das Regulativ im Idealfall übernimmt, biete ich zusätzlich zu meiner Personalberatung an.
SPOX: Welches ist der größte Fehler, die man als Manager begehen kann, wenn man nicht viel Erfahrung oder Fachkompetenz besitzt?
Meier: Da gibt es einige. Das Schlimmste ist eigentlich, wenn jemand nicht zuhören kann oder die Meinung von anderen nicht schätzt, also eine gewisse Beratungsresistenz hat. Man darf sein Selbstbewusstsein, das man sich vielleicht noch aus dem aktiven Sport geholt hat, nicht fehlinterpretieren in die Richtung, man wüsste schon alles. Dazu würde ich auch eine Sorglosigkeit derjenigen nennen, die einen solchen Manager dann einstellen und ihn alleine lassen. Dadurch werden Manager verheizt, weil sie in einem Umfeld arbeiten müssen, in dem vieles vage ist und natürlich auch von einem glücklichen Händchen, aber auch von harter Arbeit abhängt.
SPOX: Liefen bei Ihnen Verhandlungen immer nach demselben Schema ab oder musste man sich auf jeden Fall anders einstellen?
Meier: Man darf nicht den Fehler begehen, nach 15 Jahren Berufserfahrung in Verhandlungen zu gehen und zu denken, man kennt schon alles oder hat schon alles gesehen. Nichts läuft nach dem gleichen Muster ab, jeder Verhandlungspartner ist kreativ in der Gestaltung seiner Verträge. Es gibt zwar Standardverträge, die aber immer wieder ganz individuell ausgestaltet werden müssen.
SPOX: Waren das Gehalt und die Punktprämien immer die schwersten Komponenten oder war man sich da oft schneller einig als in vermeintlich kleineren Details?
Meier: Es gab immer Dinge, die neu zu bearbeiten waren. Gerade die Individualverträge, also die Vermarktung des Spielers, erschienen mir oft als kontraproduktiv. Da gab es oft Reibungen und unterschiedliche Interessen. Ich dachte, es müsse bei einem Mannschaftssport doch das Recht des Vereins sein, das Team individuell vermarkten zu dürfen. Ich habe kürzlich mit Günter Netzer gesprochen. Er hat mir gesagt, dass er zu seiner Gladbacher Zeit eine Nebentätigkeit betreiben musste, um auf dasselbe Gehalt zu kommen wie ein Overath oder Beckenbauer. Daher hatte er sich beschwert, dass er als Fußballer seine ganze Kraft dem Verein zur Verfügung stellt und aber dennoch keine Diskothek eröffnen darf.
SPOX: War Netzer also ein Vorreiter in dieser Beziehung?
Meier: Das war er in vielen Dingen sicherlich. Er war und ist ja auch heute ein kreativer Kopf und Vordenker. Aber es war Toni Schumacher, der damals mit Werbeverträgen anfing. Da handelte es sich aber noch um geringe Beträge. Das erste große Geld wurde dann später von den Ausstattern bezahlt. In Dortmund starteten die Nationalspieler dann gewissermaßen den Großangriff auf "adidas", indem sie Verträge mit "Nike" abschlossen. Das waren alles neue Abläufe. Mit der Zeit haben wir als Verein ein Mittel gefunden, um darauf zu reagieren: Wir haben die Nebentätigkeiten als genehmigungspflichtig angesehen und uns erlaubt, uns einen Teil des Kuchens in Form einer Erlösbeteiligung abzuschneiden.
SPOX: Was war früher bei Vertragsverhandlungen üblich, was heute längst unvorstellbar ist?
Meier: Früher fanden noch die berühmten Treffen auf den Autobahnen statt. Insofern sind die Spielerberater und die bequeme Möglichkeit, sie zu kontaktieren, heutzutage ein Segen. Früher bedurfte es schon einer logistischen Leistung, mit einem Spieler Kontakt aufzunehmen, wenn er noch unter Vertrag stand und musste auch bei auslaufenden Verträgen Ablösesummen bezahlen. Deshalb traf man sich geheim an irgendwelchen Orten, die eher ungastlich waren, um nicht entdeckt zu werden. Zuvor bestand die Kunst darin, an die entsprechenden Telefonnummern zu kommen.
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