Platz 1, Valtteri Bottas: Wo kommt dieser Bottas denn plötzlich her? Diese Frage dürften sich am Sonntag einige gestellt haben, die sich das mittelmäßige 2:0 des DFB-Teams gegen die Ukraine bei der EM 2016 nicht antun wollten. Der Finne flog unter dem Radar. Das machte er gut.
Bottas verzichtete wie Hamilton auf einen zweiten Stopp. Er fuhr 47 Runden auf den Softs. Das spülte ihn an beiden Red Bull und dem in allerlei Schwierigkeiten steckenden Nico Rosberg vorbei. Das Beeindruckende an Bottas' Leistung: Der Williams ist eigentlich ein Reifenvielfraß. Letztlich ging die Taktik auf, weil die Temperaturen ungewöhnlich kühl waren. Kletterte das Thermometer am Freitag noch auf 40 Grad Celsius, betrug die Asphalttemperatur im Rennen lediglich 25 Grad.
Ausgerechnet Williams, die Taktikdeppen der Saison 2015, schätzte den Verschleiß der Slicks richtig ein und feierte einen Strategie-Coup. Bottas trug dazu entscheidend bei: Er wehrte trotz schonender Fahrweise den heranstürmenden Rosberg nach seinem Stopp ab und stellte so die Weichen für das erste Podium des Teams aus Grove in der Saison 2016.
Platz 2, Lewis Hamilton: Fünfte Montreal-Pole im neunten Versuch. Fünfter Sieg im neunten Kanada-Grand-Prix. Warum ist Hamilton auf der Ile de Notre Dame derart dominant? "Es kommt vor allem aufs Bremsen an. Ich war seit meinen Kindertagen ein Spätbremser. Wahrscheinlich liegt die Strecke deshalb meinem Stil so", begründet der Weltmeister seine scheinbare Überlegenheit.
Beim diesjährigen Rennen bewies Hamilton zudem, dass er eben nicht nur aggressiv fahren kann. Er hielt mit seinen Reifen Haus, er fuhr den längsten Stint auf den Ultrasofts und sparte sich so einen Stopp. Als Vettel sich nach seinem zweiten Reifenwechsel näherte, kontrollierte Hamilton die Lücke. In Angriffsposition kam der deutsche Ferrari-Pilot so nie.
Hamilton fuhr klug wie Bottas. Doch zwei Makel sind ihm anzukreiden. Es ist unerklärlich, warum er dauerhaft Probleme beim Start hat. Auch wenn Hamiltons Kupplung überhitzt, muss er sich die Frage stellen, warum es beim Teamkollegen regelmäßig besser klappt. Und dann wäre da noch das Verhalten in der ersten Kurve: Hamiltons Aggressivität kostete Mercedes einmal mehr Punkte.
Platz 3, Sebastian Vettel: Die Strategie, die ihn letztlich den Sieg kostete, war die der Ingenieure. Vettel war schuldlos daran. Die Taktik war richtig. Trotzdem kommt der Deutsche nur auf Platz 3. Weil er Fehler einstreute, wie fast jeder Pilot an diesem Wochenende.
Vettel forderte die Mercedes mit einer exzellenten Runde in Q3. Er legte einen phänomenalen Start hin, überholte die Mercedes auf der Innenbahn und bremste die erste Kurve schon wieder auf der Ideallinie an.
Doch insgesamt patzte der vierfache Weltmeister zu oft. Schon in der ersten Runde verpasste er die Schikane vor Start-Ziel. Im Schlussstint wiederholte er den Fehler, vor der VSC-Phase verbremste er sich vor Turn 1. Es waren zu viele kleine Mängel für eine Bestnote.
Platz 4, Max Verstappen: Dass der Teenie überholen kann, hat er bei Toro Rosso oft genug bewiesen. In Montreal zeigte er, dass er genauso gut verteidigen kann. Rosberg biss sich an Verstappen die Zähne aus, der die Innenbahn auf der langen Gerade entschieden dicht machte. Der Deutsche kam nur mit der Brechstange vorbei, um sich beim Anbremsen der Schikane dann auch noch zu drehen.
Abzüge bekommt Verstappen nur für seine Quali-Niederlage gegen seinen Red-Bull-Kollegen Daniel Ricciardo. Die machte der Niederländer immerhin schon in der ersten Runde wieder wett. Dafür, dass Verstappen noch in der Eingewöhnungsphase beim neuen Team ist, stellt er sich hervorragend an.
Platz 5, Carlos Sainz jr.: Toro Rossos Spanier fuhr ein herausragendes Rennen. Startplatz 20 verwandelte er bis zur Zieldurchfahrt in Rang 9. Den erarbeitete er sich mit einer Glanzleistung in Runde 1, als er Pascal Wehrlein, Jolyon Palmer und Rio Haryanto ebenso hinter sich ließ wie Felipe Nasr, der von Kevin Magnussen abgeschossen wurde.
Doch auch wenn Sainz der überragende Mann des Rennens war, besser als Platz 5 kann er nicht gewertet werden. Der Spanier schmiss sein Auto im Qualifying in die "Wall of Champions", weil er unbedingt Q3 erreichen wollte. Die Einstellung mag gut sein, doch Sainz räuberte derart heftig über die Kerbs des Circuit Gilles Villeneuve, dass dieser Unfall programmiert war. Der Unfall, der Getriebewechsel und Strafversetzung nach sich zog, war vollkommen unnötig.