Platz 1, Daniel Ricciardo: Der Australier ist abermals der große Gewinner eines Rennens, in dem sich Mercedes selbst besiegt. Ricciardo erwischte ein fast fehlerfreies Wochenende, nur im Qualifying fuhr er in Q3 etwas zu schnell durch Blanchimont und verlor in der entscheidenden Runde etwas Zeit. Im Rennen machte er den Fehler aber doppelt und dreifach wieder gut.
Jeden Fehler der Konkurrenz nutzte der 25-Jährige aus. Erst fuhr er an Fernando Alonso vorbei und freute sich am Funk: "And Ladies, that's how you do it." Dann ging er problemlos an Teamkollege Sebastian Vettel vorbei, der sich durch seinen Quersteher nicht wehren konnte. Ricciardo ist die Überraschung der Saison: Zuverlässig bewegt er den RB10 und nutzt jede Chance, die ihm Mercedes bietet. Zusätzlich hat er auch noch das Glück, dass an seinem Auto weit weniger Defekte auftreten.
Die herausragenden Leistungen zahlen sich mittlerweile aus: Ricciardo führt das Driver-Ranking mit drei Tagessiegen an. Über 30 Punkte beträgt sein Vorsprung vor dem Zweitplatzierten. Lewis Hamilton Nico Rosberg und Fernando Alonso müssen sich gewaltig strecken, um da schnell wieder ranzukommen. Die Silberpfeile müssen sogar in der echten Meisterschaft aufpassen, dass sie dem Red-Bull-Piloten nicht zu viele Punkte schenken.
Platz 2, Kimi Räikkönen: Der Iceman ist endlich wieder in seinem Element! Eine aggressive Zweistopp-Strategie zusammen mit der Zeitstrafe gegen seinen Teamkollegen Fernando Alonso spülte den Finnen am Sonntag fast aufs Podest. Nach nur acht Runden brachte er die ersten soften Slicks weg, als er den zweiten Stopp absolviert hatte, fuhr er die Mediums 23 Runden. Kein anderer schaffte mehr Umläufe.
Endlich haben wir wieder den Räikkönen gesehen, der uns in den letzten beiden Jahren bei Lotus begeistert hat. Statt wie ein Berg im Weg zu stehen, setzte Räikkönen den Speed perfekt um. Bleibt also nur noch eine Frage: Warum steht er nicht vor Ricciardo ? Weil er am Samstag mehr Fehler gemacht hat. Für ihn war mehr drin als der achte Startplatz. Das zeigt der Vergleich mit Ferrari-Kollege Fernando Alonso. Bei einem fehlerlosen Qualifying wäre Platz drei im Rennen drin gewesen.
Platz 3, Lewis Hamilton: Als Zweiter gestartet, in Führung liegend in eine Kollision mit dem eigenen Teamkollegen verwickelt, das halbe Rennen um dich Möglichkeit aufzugeben gebeten und dennoch steht der Weltmeister von 2008 bei mir auf dem Podest. Seine Pace war das ganze Wochenende Extraklasse, Hamilton hätte Rosberg in Q3 sogar mit glasigen Bremsen fast geschlagen.
Ein starker Start und zwei gute Runden brachten ihm die Führung, bis Rosberg heranflog. Nach dem Crash waren die Siegchancen hinüber. Trotz der Kollision musste Hamilton aber weiterfahren. Kein Wunder: Direkt nach dem Stopp nahm er Rosberg fast drei Sekunden ab und hätte so noch gute Punktechancen gehabt. Erst später bremste ihn das beschädigte Auto dann merklich ab.
Für die Makel konnte Hamilton kaum etwas. Wäre er die sechs Kilometer zur Box noch langsamer zurückgefahren, hätte das Auto trotzdem aufgesetzt. So verlor er eine Minute für Anfahrt und Reifenwechsel, der beschädigte Unterboden verlangsamte das Auto nochmal um mehr als 1,5 Sekunden pro Runde. Was er aber ändern kann, ist sein Umgang mit dem Team: Trotz seines Frusts sollte er keine Interna ausplaudern, in diesem Punkt ist Rosberg professioneller.
Platz 4, Andre Lotterer: Ein Deutscher kommt vom Langstreckenmotorsport zum F1-Debüt in einem grünen Auto nach Spa - das gab's zuletzt vor 23 Jahren. Die nächste Parallele: Der Caterham-Debütant schied nach wenigen Runden aus, weil ihm die Technik einen Strich durch die Rechnung machte - wie bei Michael Schumacher. Aber damit genug der Romantik. Seinen ersten Start in der Formel 1 hatte sich der dreifache Le-Sieger sicher ganz anders vorgestellt.
Dennoch war die Leistung gut. Lotterer gewöhnte sich rasend schnell an sein Auto. Schon am Freitag kämpfte er mit Teamkollege Marcus Ericsson auf Augenhöhe, unter den immens schwierigen Bedingungen im Qualifying nahm er ihm dann eine Sekunde ab. Das ist eine Leistung, die man hoch einschätzen muss, vor allem beim Blick auf die Ergebnisse der letzten Midseason-Debütanten. Schade, dass Lotterer nicht mehrere Rennen Zeit hat. Obwohl... wie wär's mit Suzuka?
Platz 5, Valtteri Bottas: Der Finne fliegt weiter. Nur im Qualifying wollte es an diesem Wochenende nicht so richtig klappen. Wohl, weil Williams durch die Kälte wieder Probleme hatte, die Reifen zum Arbeiten zu bringen. Immerhin holte Bottas noch Rang sechs heraus und startete mit gleichem Material drei Ränge vor Felipe Massa. Am Sonntag lief es dafür wie am Schnürchen.
Vettel und Räikkönen waren für ihn kein Problem, besonders das Manöver gegen den aktuellen Weltmeister war stark. Dass er den Iceman noch überholte, lag dagegen eher an den älteren Reifen seines Landsmanns, die schon abgebaut hatten. Bottas fährt ähnlich wie Ricciardo, hatte nur noch nicht das Glück, dass er im richtigen Moment der lachende Dritte ist, der zum Ersten wird.
Platz 6, Nico Rosberg: Die Vorwürfe, dass Rosberg absichtlich Hamiltons Slick aufgeschlitzt hat, entbehren aus meiner Sicht jeder Grundlage. Bei so einem Manöver geht zu 100 Prozent der Frontflügel kaputt, der Reifen nimmt aber nur Schaden, wenn das scharfe Ende genau die Schulter des Reifens trifft. Das kann kein Fahrer exakt steuern, weil er aus dem Cockpit den eigenen Frontflügel nicht mal ansatzweise sieht. Deswegen würde es auch niemand versuchen.
Kommentar Rosberg hat alles richtig gemacht
Trotzdem bekommt Rosberg für die Aktion von mir Abzüge, weil er die Hauptschuld an der Kollision trägt: Zwar wies er Hamilton in die Schranken und zeigte ihm, dass er nicht kampflos Platz macht, er riskierte dabei aber zu viel. Ich gehe davon aus, dass er Hamiltons Linie kreuzen wollte. Er war nicht weit genug vorne, um den Angriff erfolgreich zu beenden. Aus politischer Sicht ist er für mich der Gewinner, aus fahrerischer nicht. Er kostete dem Mercedes-Team ganze 25 Punkte.
Ich gebe dem WM-Führenden im Driver-Ranking trotzdem Punkte. Er holte die Pole, rettete sich mit dem demolierten Frontflügel in die Box und schaffte es , irgendwie die Konzentration aufrechtzuerhalten, während ihm die Fetzen der Karkasse von Hamiltons Reifen die Sicht versperrten. Platz zwei war ein ordentliches Ergebnis, aber bei weitem kein überragendes.
Platz 7, Kevin Magnussen: In Spa gab es einige Platzierungen, die mich lange Überlegungszeit gekostet haben. Der Däne ist einer davon. War sein Manöver gegen Alonso so schlimm, wie es die Rennleitung sah? Selbst der Spanier stimmte der Strafe nicht zu und ordnete das Manöver als normales Renngeschehen ein. Dem schließe ich mich an.
Was sicher ist: Magnussen setzt Jenson Button mittlerweile gehörig unter Druck, wenn der Weltmeister von 2009 weiter bei McLaren fahren will. Schon wieder war der der 21-Jährige im Qualifying und Rennen schneller. Für das Team stellt sich immer mehr die Frage: Button halten und warten, bis Stoffel Vandoorne bereit ist für die Formel 1 oder schon vorher auf dem Fahrermarkt zuschlagen?
Platz 8, Fernando Alonso: Falsche Verhältnisse bei Ferrari: Während Räikkönen mal wieder überzeugt, fällt der Sonntagsfahrer schlechthin zurück und leistet sich einen deutlichen Fehler. Nachdem Alonso in der letzten Runde mit seinem Frontflügel gegen Vettels Hinterrad knallte, verlor er auf einer Runde neun Sekunden und einen Platz an Jenson Button. Das war sein Fehler.
Dafür sammelte er an anderer Stelle auch Pluspunkte. Platz vier im Qualifying war keineswegs selbstverständlich, auch wenn er mehr Abtrieb fuhr, was ihn wiederum im Rennen bremste. Nachdem seine Mechaniker vor dem Start zu lange am Auto arbeiteten, zeigte er zudem einige schöne Überholmanöver. Insgesamt war es für Alonso-Verhältnisse fast schon ein durchschnittliches Wochenende. Trotzdem ist die Leistung immer noch gut.
Platz 9, Daniil Kvyat: Eigentlich dachte ich, dass Jean-Eric Vergne nach seinem feststehenden Aus bei Toro Rosso ein Wochenende der Extraklasse hinlegt, um es allen zu zeigen. Stattdessen sicherte sich einmal mehr sein mittlerweile 20-jähriger Kollege den internen Sie und zwei WM-Zähler, während der Franzose nur Elfter wurde.
Der junge Russe scheiterte nur haarscharf an Q3, obwohl er mit dem Handling des STR9 überhaupt nicht zufrieden war. Das Rennen verbrachte er dann einzig und allein damit, sich gegen einen Force India zu wehren, während er den anderen gleichzeitig jagte. Am Ende rettete er sich vier Zehntelsekunden vor dem schnellen Hülkenberg ins Ziel.
Platz 10, Jules Bianchi: Der Samstag war mal wieder der Tag des Ferrari-Nachwuchsfahrers. Er profitiert davon, dass 2014 die Hälfte der Qualifyings im Regen stattfindet. So kann er fast Woche für Woche zeigen, dass er zu gut für Marussia ist. Mittlerweile ist es fast Standard, dass Bianchi Q1 übersteht. In Spa reichte es für Rang 14.
Dass Bianchi auf trockener Strecke im Rennen nichts ausrichten kann, ist allgemein bekannt. Beim Belgien-GP hatte er zusätzlich das Pech, in der Startphase mit Romain Grosjean zu kollidieren. Dennoch empfiehlt er sich eigentlich Woche für Woche für ein besseres Cockpit, Sauber dürfte der erste Kandidat sein.
Härtefall, Sebastian Vettel: Eine riesige Leistung im Qualifying, als Vettel den Red Bull auf Platz drei stellte - trotz geringem Abtrieb und der fehlenden Übung aus dem Freitagstraining. Aber was war am Sonntag los? Der Weltmeister war nicht wiederzuerkennen, beschwerte sich später, sein Team habe ihm eine "Holzkeule" gegeben, während er unter feindlichem Feuer stand.
Ganz anteilslos war Vettel daran allerdings nicht. Nach dem guten Start übertrieb er es beim Versuch, Hamilton zu überholen und verlor Platz zwei wieder an Rosberg, dann driftete er durch Pouhon - auch das war sein Fehler. Immerhin kann er sich damit auf die Fahne schreiben, Ricciardo den Sieg ermöglicht zu haben. Hätte er seinen Teamkollegen aufgehalten, wäre Rosberg am Ende doch noch vorn gewesen.
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