Ein rundum positives Ergebnis: Das reine Silber-Podium beim 100. Sieg eines Mercedes-Motors in der F1 mit Rosberg, Kevin Magnussen und Jenson Button hätte sogar ein Fünffacherfolg werden können. Schon am Samstag hatte Lewis Hamilton die 100. Pole Position mit einem Mercedes-Motor herausgefahren. "Wir haben bei der reinen Leistung noch eine kleine Reserve", verriet Motorsportdirektor Toto Wolff.
Sein Siegerpilot Rosberg legte noch einen drauf. "Ein bisschen was wäre noch drin gewesen. Ich musste nur immer mal wieder heftiger Gas geben, weil beim langsameren Fahren die Reifen zu kalt wurden", sagte der 28-Jährige: "Mein Silberpfeil ging ab wie sonst was. Ich habe ein unglaubliches Auto gehabt, mit dem es so viel Spaß gemacht hat, zu fahren."
Lauda: "Er ist gefahren wie ein Gott"
"Er ist gefahren wie ein Gott", lobte Aufsichtsratschef Niki Lauda: "Alle haben den ganzen Winter gearbeitet wie die Berserker." Fast vergessen wurde Hamilton, der mit Motorenproblemen zu Rennbeginn ausfiel. "An diesem Tag blicken wir mehr auf die Erfolge als auf die Fehler", sagte Renndirektor Paddy Lowe: "Uns ist bewusst, dass diese Saison eher ein Marathon als ein Sprint sein wird."
"Mercedes wird ständig hochgelobt, aber mein Ausfall zeigt, dass man auf dem Teppich bleiben muss. Was nützt uns der Speed, wenn wir uns selber deswegen auf die Schulter klopfen, aber nicht ins Ziel kommen. Da siehst du doch aus wie ein Idiot", sagte Hamilton.
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Die Dominanz des Werksteams rührt allerdings nicht allein vom Auto her. Sechs von zehn Punkterängen belegten Fahrer, die mit einer Mercedes-Powerunit unterwegs waren. Neben Sieger Rosberg trugen auch die McLaren von Magnussen (2.) und Button (3.), der Williams von Valtteri Bottas (5.) und die Force India von Nico Hülkenberg (6.) und Sergio Perez (10.) einen Stern.
Hülkenberg beweist Überlegenheit
Besonders Hülkenberg zeigte, wie überlegen die Motoren aus Brixworth aktuell sind und trieb seine Verfolger schier zur Weißglut. "Es sah so aus, als ob wir nicht die Pace von einigen anderen gehabt hätten", sagte Hülkenberg: "Es gab ein paar Autos, die in Sachen Abtrieb einen kleinen Vorteil hatten, bei denen die Kurvengeschwindigkeiten ein wenig höher aussahen." Trotzdem blieb er bis zum zweiten Boxenstopp fast spielend leicht vor Fernando Alonso.
Die Strecke im Albert Park ohne Hochgeschwindigkeitskurven kam den starken Motoren entgegen. Schon in Malaysia könnte der Vorteil geringer sein, wenn die Aerodynamik wieder stärker gefragt ist.
In Melbourne machte sich Hülkenberg unterdessen immer die Vorteile bei der Beschleunigung zunutze und hängte seine Verfolger am Kurvenausgang ab. Für Ferrari ist das mehr als frustrierend. Vizeweltmeister Alonso hing 32 Runden lang ohne eine einzige Chance zum Überholen hinter dem Deutschen fest und kam erst beim Boxenstopp vorbei.
Ferraris Wunsch ist erfüllt
Dabei ist der größte Wunsch der Scuderia endlich in Erfüllung gegangen. "Wir werden eine komplett andere Formel 1 erleben. Die wird endlich wieder weniger von der Aerodynamik bestimmt", beschrieb Luca di Montezemolo im August 2013 dem "Corriere della Serra" das Reglement für die Saison 2014.
Die Euphorie bei Ferrari war riesig. "Im nächsten Jahr wird nicht nur die Aerodynamik eine Rolle spielen, sondern auch der Motor und der Antriebsstrang. Das sind Ferraris Hoheitsgebiete", schob der Ferrari-Präsident im Dezember nach. Der Graf hat Recht behalten, auch wenn sein Motor nicht der beste ist. Alonso wurde Vierter, Kimi Räikkönen Siebter. "Der große Abstand zu Mercedes war klar zu sehen", erklärte Teamchef Stefano Domenicali.
Red Bull: Das Debakel ist perfekt
Bezeichnend ist, dass die Kundenteams der Scuderia keinen einzigen WM-Punkt holten. Während Ferrari sich mit 18 Punkten begnügen muss und Renault sechs holte, feiert Motorenlieferant Mercedes satte 77 Zähler.
Williams ist zwiegespalten
Das Resultat des deutschen Autobauers hätte sogar noch besser ausfallen können. Nicht nur Mercedes-Polesetter Lewis Hamilton war mit Motorenproblemen früh ausgefallen, Felipe Massa strandete direkt nach dem Start mit seinem Williams im Kiesbett, weil Kamui Kobayashi ihn mit seinem kaum bremsenden Caterham abgeräumt hatte.
Zudem verbaute sich Valtteri Bottas ein besseres Resultat, als er die Mauer nach Turn 10 touchierte und zum Reifenwechsel musste. "Es ist wegen meiner Fehler nicht perfekt gelaufen. Wir hätten eigentlich weiter vorn landen sollen", sagte der Finne: "Ich bin eigentlich happy, aber das stärkste Gefühl ist der Ärger über meinen Fehler. Ich war in dem Moment wirklich wütend auf mich selbst."
"Bottas hat mehr als 20 direkte Gegner überholt"
Warum er trotzdem wieder an Ferrari herankam? Mercedes-Power. "Ich glaube, er hat heute mehr als 20 direkte Gegner überholt", sagte die stellvertretende Teamchefin Claire Williams. Ihr Vater Frank Williams hatte schon früh erkannt, dass er mit dem Wechsel von Renault zu Mercedes das große Los gezogen hat. Er ließ sich in seinem Rollstuhl bei den Tests in Jerez ins Mercedes-Motorhome schieben und bedankte sich persönlich bei Niki Lauda und Toto Wolff.
Die Williams hätten sich in Melbourne wahrscheinlich locker aufs Podest schieben können, wäre das Qualifying am Samstag besser gelaufen. Selbst mit einem Ausfall war der fünfte Platz von Bottas das beste Resultat des Teams seit dem überraschenden Sieg von Pastor Maldonado in Barcelona 2012. In der Saison 2013 stand ein achter Platz für Bottas in den USA als bestes Resultat zu Buche.
McLaren führt Konstrukteurswertung an
Doch nicht nur das frühere Weltmeisterteam aus Grove profitiert von Mercedes. Auch McLaren ist wieder da, wo der Rennstall nach seinem eigenen Selbstverständnis sein muss. Die Truppe aus Woking führt die Konstrukteurswertung an. Zwei Piloten unter den Top 3 - im letzten Jahr reichte es nicht mal zu einem einzigen Podestplatz.
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Neben Buttons Aufholjagd von Startplatz zehn beeindruckte gerade Rookie Magnussen. Während Daniil Kvyat im Toro Rosso als Neunter Weltmeister Sebastian Vettel den Rekord des jüngsten F1-Piloten in den Punkterängen abnahm, raste der McLaren-Fahrer als erster Däne überhaupt aufs Podest. Magnussen überflügelte nebenbei sogar Lewis Hamilton, der bei seinem F1-Debüt 2007 Dritter wurde.
Bester Rookie seit Villeneuve
"Die hauen sich da hinein und fahren einfach. Das ist wirklich das, was mich überrascht hat. Dass die einfach kommen und schon am Podium stehen", sagte Lauda bei "RTL". Magnussen ist der beste Rookie seit einem gewissen Jacques Villeneuve, der 1996 bei der Melbourne-Premiere Zweiter wurde - als amtierender IndyCar-Champion und Indy500-Sieger.
"Können Sie sich vorstellen, am ersten Rennwochenende der Karriere mit 21 Jahren in einem McLaren zu sitzen? Er hatte vor der Saison drei Testtage absolviert, Lewis dagegen schon 30.000 Kilometer abgespult", sagte McLarens neuer Rennleiter Eric Boullier: "Das kann man vielleicht nicht vergleichen."
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