5635 Tage nach seinem Grand-Prix-Debüt kämpfte Vettel leidenschaftlich um ein Top-Ergebnis - die von Aston Martin gewählte Einstopp-Strategie erwies sich aber als Fehler.
"Wie konnten wir bei der Strategie nur so daneben liegen", funkte Vettel, als er neun Runden vor Rennende aus den Punkterängen fiel. Zumindest ein Punkt wurde es, weil sein alter Rivale und heutiger Freund Lewis Hamilton wegen Hydraulikproblemen spät ausschied.
"Ich hätte gerne mehr Punkte geholt, aber ich habe das Rennen genossen", sagte Vettel dann nach Rennende auf der Zielgeraden vor der Haupttribüne: "Ich fühle mich jetzt etwas leer nach diesem Wochenende. Ich sehe viele Flaggen, viele lächelnde Gesichter. Ich werde das alles wahrscheinlich noch viel mehr vermissen, als mir im Moment klar ist."
Trotz seines Abschieds freue er sich aber auf seinen Ruhestand: "Ich denke, es gibt weitaus größere und weitaus wichtigere Dinge, als in Kreisen zu fahren. Aber natürlich ist es das, was wir lieben. Und es ist toll, wenn wir dadurch einige wirklich wichtige Werte vermitteln können", wurde der Heppenheimer noch einmal emotional.
Die WM-Vizemeisterschaft hinter dem alles überstrahlenden Verstappen sicherte sich Leclerc durch Rang zwei vor Pérez. Beide waren punktgleich ins Saisonfinale gegangen, mit einer Einstopp-Strategie stach Leclerc den Mexikaner aus. "Ich war von der ersten bis zur letzten Runden bei 110 Prozent", sagte der Monegasse: "Für uns war es das perfekte Rennen."
Formel 1 - Abu-Dhabi-GP: Der Start
Aus der Spitzengruppe kam Hamilton am besten vom Fleck und kassierte noch vor Kurve eins Ferrari-Pilot Carlos Sainz. Verstappen verteidigte seinen ersten Platz gegenüber Pérez, dahinter hielt auch Leclerc seinen dritten Platz.
Wenig Veränderungen gab es auch aus deutscher Sicht. Vettel blieb vor seinem langjährigen Rivalen Fernando Alonso (Alpine) auf Rang neun, Schumacher kletterte von Startplatz zwölf kommend eine Position nach vorne.
Formel 1 - Abu-Dhabi-GP: Die Schlüsselszenen
- Spannende Zweikämpfe gab es anfangs nur zwischen Carlos Sainz Ferrari), Lewis Hamilton und George Russell (beide Mercedes) zu bestaunen. Aufgrund überhitzender Hinterreifen hielt Hamilton P4 nur wenige Umläufe, ehe der Ferrari-Pilot und schließlich auch Teamkollege Russell an ihm vorbeizogen.
- Profiteure dieser Uneinigkeiten waren Verstappen, Pérez und Leclerc, welche ihren Vorsprung auf die Nicht-Podestplätze nach zehn Runden auf komfortable zehn (Verstappen), sechs (Pérez) und vier (Leclerc) ausbauten.
- Nach Brasilien merkte man beiden Red-Bull-Piloten die Absicht an, zusammenarbeiten zu wollen. Obwohl Verstappen der mit Abstand schnellste Mann im Feld war, ließ er sich teilweise zurückfallen, um Pérez Windschatten und DRS zu verschaffen.
- Richtig interessant wurde lediglich das Rennen um (WM-)Platz zwei. Leclerc war vor allem im zweiten Stint deutlich schneller als Pérez, kurz bevor der Monegasse attackieren konnte, bog der Mexikaner aber zweimal an die Box ab. Einerseits coverte er damit einen Undercut des Ferrari-Piloten, andererseits wollte man die Track-Position nicht verlieren.
- Ferrari adaptierte daraufhin die Strategie. Leclerc wurde kurzerhand auf einen Einstopper umgeswitcht und sollte bis zum Rennende möglichst vor Pérez bleiben. Das gelang auch. Mit gutem Reifenmanagement rettete Leclerc seinen Vorsprung ins Ziel. Pérez fehlte trotz frischer Reifen am Ende schlichtweg die Pace, um den Rückstand aufzuholen.
Formel 1 - Abu-Dhabi-GP: Das Rennen der deutschen Fahrer
- Vettel steckte im ersten Renndrittel im Sandwich zwischen den beiden Alpines auf Rang neun fest. Aufgrund des starken Topspeeds der Franzosen schaffte er es trotz DRS nicht an Esteban Ocon vorbei. Dahinter lauerte auch Alonso im DRS-Fenster des Deutschen., wagte aber ebenso keinen Angriff.
- Im Gegensatz zu den Alpine-Piloten blieb Vettel zunächst deutlich länger auf der Strecke, bis er seinen ersten Stopp absolvierte. Als die Pace gegen Ende des ersten Stints einbrach, beschwerte sich Vettel lautstark über Funk und zweifelte an der Entscheidung pro Einstopp-Strategie: "Das ist schrecklich, wir werden einfach von allen aufgefressen, wir sind leichte Beute. Wer ist der Nächste?"
- Vettel sollte mit seinen Zweifel Recht behalten. Gegenüber Ocon, einem starken Daniel Ricciardo (McLaren) und Teamkollege Lance Stroll hatte er das Nachsehen. Nur ein später Ausfall Lewis Hamiltons (Mercedes) verhinderte, dass der Deutsche aus den Top Ten herausfiel.
- Schumacher erlebte ein desaströses (vorläufig) letztes F1-Rennen. Schon am Start verlor er eine Position, im ersten Stint musste er dann zusehen, wie ein Auto nach dem anderen an ihm vorbeizog.
- Zu allem Überfluss krachte er rund 20 Runden vor Rennende Nicholas Latifi (Williams) ins Heck, wofür er richtigerweise eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe aufgebrummt bekam. Spätestens damit war das Rennen um WM-Punkte für ihn gelaufen.
Formel 1 - Abu-Dhabi-GP: Die Reifenstrategie
- Der raue Asphalt des Yas Marina Circuits erlaubte es den Fahrern kaum, auf die weichste Mischung zurückzugreifen. Am Start wählte lediglich Pierre Gasly (AlphaTauri) diese Option, fuhr damit aber überhaupt nicht gut und dümpelte am Ende des Feldes herum.
- Größtenteils wurde auf dem Medium gestartet, der sich im ersten Stint auch als deutlich bester Reifen entpuppte. Nach dem ersten Reifenwechsel zogen alle Medium-Starter dann den harten Pneu auf, ehe für den Schlussspurt wieder auf den Medium zurückgewechselt wurde.
- Als einer von vier Piloten wagte Vettel einen Versuch mit nur einem Boxenstopp, dies stellte sich aber als Griff ins Klo heraus. Am Ende des ersten Stints fehlte Vettel schlichtweg die Pace, um sich gegen die direkte Konkurrenz zu behaupten. Dort verlor er auch die Zeit, die ihm im letzten Stint fehlte. Reaktiv entschied sich auch Ferrari bei Leclerc für einen Einstopper. Dort war das Experiment aber von Erfolg gekrönt.
Abu-Dhabi-GP - Highlight des Rennens: Fernduell Leclerc-Pérez
Viele spektakuläre Szenen hatte der Abu-Dhabi-GP nicht zu bieten. Wirkliche Spannung bot deshalb nur das (Fern-)Duell um den Platz hinter Verstappen auf dem Podest. Über weite Teile des Rennens sah es aus, als könne Pérez seinen Platz verteidigen und damit die Vize-Meisterschaft absichern, im letzten Stint aber bewies Leclerc mit starker Pace trotz älteren Reifen Durchhaltevermögen und blieb vor dem Mexikaner.
Abu-Dhabi-GP - Top des Rennens: Max Verstappen
Völlig souveräne Vorstellung des Weltmeisters. Zu keinem Zeitpunkt stand sein 15. Saisonsieg (nun alleiniger Rekord) in Frage. Der Niederländer dominierte Pace und Gegner in jeder Phase des Rennens, weder Pérez noch Leclerc kamen jemals in Schlagdistanz.
Abu-Dhabi-GP - Flop des Rennens: Haas
Wie schon häufiger in den vergangenen Wochen zeigte sich auch in Abu Dhabi, dass der Haas im Renntempo mit der Konkurrenz nicht mithalten kann. Trotz einem guten zwölften Startplatz von Schumacher kam dieser zu keinem Zeitpunkt in die Nähe der Punkte. Auch Teamkollege Kevin Magnussen blieb ohne Stiche.
Formel 1: Der WM-Stand (nach 22 von 22* Rennen)
- Fahrerwertung:
Platz | Fahrer | Team | Punkte |
1 | Max Verstappen | Red Bull | 454 |
2 | Charles Leclerc | Ferrari | 308 |
3 | Sergio Pérez | Red Bull | 305 |
4 | George Russell | Mercedes | 275 |
5 | Carlos Sainz | Ferrari | 246 |
6 | Lewis Hamilton | Mercedes | 240 |
7 | Lando Norris | McLaren | 122 |
8 | Esteban Ocon | Alpine | 92 |
9 | Fernando Alonso | Alpine | 81 |
10 | Valtteri Bottas | Alfa Romeo | 49 |
- Konstrukteurswertung:
Platz | Team | Punkte |
1 | Red Bull | 759 |
2 | Ferrari | 554 |
3 | Mercedes | 515 |
4 | Alpine | 173 |
5 | McLaren | 159 |
6 | Alfa Romeo | 55 |
7 | Aston Martin | 55 |
8 | Haas | 37 |
9 | AlphaTauri | 35 |
10 | Williams | 8 |
*Der Russland-GP wurde aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ersatzlos gestrichen. Ursprünglich hatte die Formel 1 für die Saison 2022 23 Rennen eingeplant.