"Es ist so ein stolzer Moment für mich", sagte der Rennsieger im Anschluss. "Ich habe mit dem Team alles versucht, das Auto wieder da hin zu bringen. Heute hat es gepasst." Zur rennentscheidenden Szene, der Crash mit Rivale Verstappen, meinte Hamilton lediglich, dass "Max in solchen Situationen sehr aggressiv" sei. "Ich war neben ihm und er hat mir keinen Platz gelassen", verteidigte der Brite allerdings sein Manöver.
Anders sah das die Konkurrenz. "Wenn Hamilton mit seinem Vorderrad in der schnellsten Kurve Verstappens Hinterrad auf diese Weise touchiert, ist das kein Rennunfall mehr. Das ist fahrlässiges, gefährliches Verhalten, das ist rücksichtslos und gehört mit einer Sperre bestraft", sagte Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko, auch Teamchef Christian Horner blies in ein ähnliches Horn: "Lewis ist dort in einer der schnellsten Kurven der Saison, er kennt diesen Kurs auswendig, er weiß, dass das dort nicht funktioniert." Verstappen wurde nach dem Crash in ein nahegelegenes Krankenhaus gebracht, schwerere Verletzungen soll sich der Niederländer glücklicherweise aber nicht zugezogen haben.
Noch am Abend äußerte sich auch Verstappen aus dem Krankenhaus zu Wort. Diese Feierlichkeiten während ich noch in der Klinik war sind respektlos und unsportlich", schrieb der Niederländer auf Instagram. "Ich bin froh, dass ich okay bin", schrieb Verstappen weiter. "Es war ein harter Einschlag mit 51 G, aber ich fühle mich besser." Er sei sehr enttäuscht, das Rennen auf diese Weise beendet zu haben. "Die Strafe gegen Lewis hilft uns überhaupt nicht und bringt nach seiner gefährlichen Aktion keine Gerechtigkeit."
Der knapp geschlagene Charles Leclerc war trotz seines zweiten Platzes zufrieden. "Ich habe alles gegeben, aber es war einfach nicht genug in den letzten zwei Runden. Gratulation an Lewis, er hat einen unglaublichen Job gemacht. Das hat Spaß gemacht, aber uns hat am Ende einfach ein bisschen Pace gefehlt." Generell musste der Monegasse zugeben, dass er nicht erwartet habe, heute um den Sieg zu kämpfen. "Wir haben nach dem Qualifying erwartet, recht konkurrenzfähig zu sein, aber nicht so konkurrenzfähig. Wir haben um den Sieg gekämpft, was unfassbar ist, speziell auf dem Medium waren wir extrem schnell."
Großbritannien-GP: Die Analyse
Schon am Start überschlugen sich die Ereignisse. Hamilton kam minimal besser vom Fleck als Verstappen, worauf sich beide Konkurrenten einen packenden Rad-an-Rad-Zweikampf über mehrere Kurven hinweg lieferten. Beim Anbremsen auf Copse stach der Brite dann mit reichlich Geschwindigkeitsüberschuss nach innen, bekam leichtes Untersteuern und touchierte das rechte Hinterrad Verstappens. Der Niederländer verlor im Anschluss die Kontrolle über seinen Boliden und krachte mit über 250 km/h in die Streckenbegrenzung. Den Crash überstand Verstappen ohne größere Verletzungen, das Rennen konnte der RB-Pilot aber nicht mehr fortsetzen. Die Rennleitung reagierte umgehend und unterbrach das Rennen für mehr als eine halbe Stunde.
Fernab des Chaos' an der Spitze erwischte Sebastian Vettel einen guten Start und sprang von P8 auf P6, auch Alfa-Pilot Kimi Räikkönen kletterte ordentlich Positionen nach vorne. Nach der ersten Runde belegte der Finne von Rang 13 kommend den neunten Platz. Größter Profiteur der Kollision war allerdings Charles Leclerc (Ferrari), der schon am Start an Hamilton-Teamkollege Valtteri Bottas vorbei ging und kurz nach Verstappens Abflug (und noch unter grüner Flagge) Hamilton überholte und P1 eroberte.
Beim zweiten Stehenden Start nach der Unterbrechung verteidigte der Monegasse diese Führung problemlos vor Hamilton. Dieser bekam zur gleichen Zeit zu allem Überfluss mitgeteilt, dass er für sein Manöver gegen Verstappen eine Zehn-Sekunden-Zeitstrafe aufgebrummt bekommen hatte. Seinen zweiten Platz behielt der amtierende Weltmeister dennoch, unmittelbar vor Lando Norris, der an Bottas vorbeiging. Vettel schmiss seinen guten ersten Start hingegen weg, da er beim Herausbeschleunigen aus Kurve sieben zu früh aufs Gas ging und die Kontrolle über seinen Aston Martin verlor.
Während des ersten Stints änderte sich im Feld nur wenig. Leclerc dominierte trotz teils einsetzender Motorenprobleme das Tempo an der Spitze, Hamilton fand auch samt DRS keinen Weg vorbei. Bewegung brachten dann die ersten Reifenwechsel. Norris verlor seinen dritten Platz aufgrund eines äußerst langsamen Stopps an Bottas, eroberte diesen jedoch wieder zurück, da Hamilton beim Wechsel seine Zehn-Sekunden-Zeitstrafe absitzen musste und hinter den McLaren-Pilot zurückfiel. Auf Spitzenreiter Leclerc hatte dies keinen Einfluss. Drei Runden später als Hamilton kam der Monegasse zur Abfertigung an die Box, behielt dank seines Vorsprungs von mehr als 27 Sekunden die Führung vor Bottas.
Das letzte Renndrittel stand dann ganz unter dem Zeichen der Aufholjagd Hamiltons. Wenige Umläufe nach seinem Boxenstopp ging der Brite an Landsmann Norris vorbei, via Teamorder folgte in Runde 42 das Überholmanöver gegen den langsameren Bottas. Fünf Umläufe vor dem Ende lief Hamilton schließlich auf Leclerc auf und fuhr mehrere Runden im DRS-Fenster des Ferrari-Piloten. An selber Stelle wie zuvor bei Verstappen stach Hamilton schließlich innen rein, diesmal ging jedoch alles gut. Leclerc wich auf die Außenseite aus, konnte das Überholmanöver aber nicht mehr verhindern.
Dahinter komplettierte Bottas das Podium vor Norris und dessen McLaren-Teamkollege Daniel Ricciardo. Sechster wurde Carlos Sainz im zweiten Ferrari vor Fernando Alonso (7./Alpine), Lance Stroll (8./Aston Martin) und Esteban Ocon (9./Alpine). Den letzten Punkt sicherte sich Yuki Tsunoda (AlphaTauri) als Zehnter.
Großbritannien-GP: Die Reifenstrategie
Dank des Sprint-Qualifyings durften sich zum ersten Mal überhaupt auch die Piloten innerhalb der Top 10 den Startreifen frei aussuchen. Bis auf Sergio Perez, der aus der Boxengasse startete, wählte das Feld dabei den Medium, Perez startete auf den Hards.
Große Variation in Sachen Taktik war jedoch nicht zu beobachten. Die meisten Fahrer wählten eine Einstoppstrategie mit einem Wechsel auf die harten Reifen, nur Perez entschied sich für einen Zweistopper. Einfluss hatte das kaum, da sich das Überholen auf dem Silverstone Circuit wie erwartet als schwierig herausstellte.
Highlight des Rennens: Verstappen-Hamilton-Duell
Schon die erste Runde lieferte das große Highlight des Großbritannien GPs. Nach einem eher schwächeren Start Verstappens roch Hamilton seine Chance, früh im Rennen an seinem Konkurrenten vorbeizugehen.
Durch die Arena, Brooklands, Luffield und Woodcote lieferten sich die zwei WM-Spitzenreiter einen packenden Rad-an-Rad-Zweikampf, Verstappen dabei stets auf Kampflinie und Hamilton im Windschatten dahinter.
In Kurve zehn versuchte der Brite dann mit Geschwindigkeitsüberschuss den Move innen an Verstappen vorbei, bekam leichtes Untersteuern und berührte mit seinem Frontflügel den Hinterreifen des Niederländers. Verstappen verlor in der Hochgeschwindigkeitskurve das Heck und krachte mit mehr als 250 Stundenkilometer in die Streckenmauer.
Top des Rennens: Charles Leclerc
Super starker Auftritt des Monegassen. Trotz der Motorenprobleme im ersten Stint sowie des deutlich schwächeren Boliden hielt Leclerc beide Mercedes beinahe über die gesamte Renndistanz in Schach. Dem unfassbaren Schlussspurt Hamiltons konnte sich der Monegasse zwar nicht mehr erwehren, der zweite Platz ist aber ein insgesamt sehr gutes Ergebnis.
Flop des Rennens: Sebastian Vettel
Eigentlich hatte es zunächst sehr gut für den Deutschen ausgesehen. Mit einem guten Start eroberte der Heppenheimer bereits vor der Rennunterbrechung einige Plätze, eine Platzierung in den Punkten wäre dank der überholunfreundlichen Strecke in Silverstone also möglich gewesen. Mit einem unnötigen Dreher nach dem Restart schmiss Vettel diese gute Ausgangsposition allerdings eigenverschuldet weg, danach krebste er am Ende des Feldes herum. Wenige Runden vor dem Ende musste er sein Auto gar abstellen.
Formel 1: Die WM-Wertung nach 10 von 23 Rennen
- Fahrerwertung:
Platz | Fahrer | Team | Punkte |
1 | Max Verstappen | Red Bull | 185 |
2 | Lewis Hamilton | Mercedes | 177 |
3 | Lando Norris | McLaren | 113 |
4 | Valtteri Bottas | Mercedes | 108 |
5 | Sergio Perez | Red Bull | 104 |
6 | Charles Leclerc | Ferrari | 80 |
7 | Carlos Sainz | Ferrari | 68 |
8 | Daniel Ricciardo | McLaren | 50 |
9 | Pierre Gasly | AlphaTauri | 39 |
10 | Sebastian Vettel | Aston Martin | 30 |
- Konstrukteurswertung:
Platz | Team | Punkte |
1 | Red Bull | 289 |
2 | Mercedes | 285 |
3 | McLaren | 163 |
4 | Ferrari | 148 |
5 | AlphaTauri | 49 |
6 | Aston Martin | 48 |
7 | Alpine | 40 |
8 | Alfa Romeo | 2 |
9 | Williams | 0 |
10 | Haas | 0 |