Gemeinsam haben sie im November den Formel-1-Thron bestiegen, und auch vier Monate später verschwendet Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz keinen Gedanken an ein mögliches Ende der Traumehe zwischen Sebastian Vettel und den Red Bull. "Man legt uns etwas in den Mund, was völlig falsch ist. Was machen wir, damit wir ihn halten? Habe ich Angst, ihn zu verlieren? Das ist eine Terminologie, die ist uns völlig fremd", sagte Mateschitz: "Solange sich Sebastian bei uns wohlfühlt und ein Auto hat, mit dem er gewinnen kann, überlegt er wahrscheinlich nicht wirklich, woanders hinzugehen."
Und sollte der 23-jährige Vettel dann doch irgendwann einmal dem Ruf eines großen Traditionsteams folgen, würde ihm Mateschitz keine Steine in den Weg legen. "Wenn er möchte, wenn er ein Angebot hat, wenn er sagt, er möchte auch einmal in einem Mercedes, in einem Ferrari fahren, dafür hätten wir ja Verständnis. Es gibt mehr Mütter mit feschen Töchtern. Wir würden ihn ziehen lassen."
Nur die Leistung zählt, dieses Mateschitz-Motto gilt auch in diesem Fall. "Das Rezept ist furchtbar einfach: Wir werden versuchen, dem Sebastian ein Auto zur Verfügung zu stellen, mit dem er gewinnen kann", sagte der 66 Jahre alte Milliardär, der einst das hoffnungsvolle Nachwuchstalent Vettel in die Red-Bull-Förderung aufnahm und natürlich gerne noch lange mit dem jungen Deutschen zusammenarbeiten würde. "Wenn Sebastian Lust hat, kann er zehn Jahre bleiben. Aber er muss die Form halten, wir müssen das Auto halten", sagte Mateschitz: "Das Leben besteht ja nicht nur aus Kontinuität, es besteht ja auch aus Abwechslung, aus ein bisschen Herausforderung. Wenn es passt, passt es. Wenn es nicht passt, gibt es immer Alternativen."
Vertragsverlängerung nicht unmöglich
Dennoch könnte eine Verlängerung von Vettels noch bis 2012 laufendem Vertrag Sinn machen, meinte Mateschitz. "Aus dem Grund, den er mir vor zwei Jahren gesagt hat: 'Können wir bitte einen längerfristigen Vertrag machen, damit ich endlich meine Ruhe habe?' Das sind seine Worte", sagte der Österreicher: "Wir haben viele langfristige Verträge, und ich lasse die Leute trotzdem alle ziehen. Wenn sich jemand nicht wohlfühlt und nicht will, dann habe ich ja nichts von einem langfristigen Vertrag. Dann soll er doch gehen."
Mateschitz ist ein Mann mit klaren Prinzipien, dazu gehörte auch der konsequente Verzicht auf eine Teamorder in der vorigen Saison. Dass trotz oder am Ende sogar gerade wegen dieser Haltung Vettel im letzten Rennen noch triumphierte, war für ihn daher umso schöner: "Ich würde gar nicht von Genugtuung sprechen. Genugtuung inkludiert so etwas Negatives wie Schadenfreude. Davon sind wir weit entfernt. Es bestätigt eher als dass es eine Genugtuung ist."
Diese Philosophie bedeutet aber auch, dass Vettel und Teamkollege Mark Webber trotz Vettels Titel wieder absolut gleichberechtigt in die neue Saison starten. "Ohne Frage. Das weiß der Mark, das weiß der Sebastian", sagte Mateschitz: "Mark ist ja als Fahrer, als Persönlichkeit in seiner Stärke nur anders, aber nicht schlechter als Sebastian. Ich habe die beiden früher oft verglichen mit Winnetou und Jung-Siegfried. Beide sind hervorragende Krieger, nur die Art und Weise, die Persönlichkeit ist unterschiedlich. Aber einen Krieg kann man mit beiden gewinnen."
Viele Bullen im Stall
Dass Vettel und Webber momentan die besten "Bullen" im Stall sind, darauf will sich Mateschitz auch nicht festlegen. "Sie sind sicherlich die Bullen mit der höchsten medialen Präsenz, das liegt an der Formel 1. Es wäre aber 600 oder 700 anderen Athleten gegenüber - von Robby Naish bis Lindsey Vonn - unfair, zu sagen, die sind besser als ihr."
Auch könne man nicht quantifizieren, inwieweit sich die Formel-1-Titel für die Marke Red Bull schon ausgezahlt habe. "Sie müssen sich überlegen, dass wir ein Marketingbudget von über einer Milliarde haben. Da ist die Formel 1 natürlich ein wesentlicher Faktor, aber wir haben 600 Athleten, wir haben X-Fighter, wir haben Crashed Ice, wir haben das Air Race", sagte Mateschitz: "Jetzt auseinanderzudividieren, wer für was zu wieviel Prozent verantwortlich ist, das wäre falsch. Und es wäre auch nicht möglich, weil der Marketing-Mix in seiner Komplexität, in seiner Ganzheitlichkeit den Erfolg der Marke ausmacht."