Wer nach dieser WM und diesen Auftritten des DEB-Teams immer noch nicht versteht, dass die DEL jetzt in der Pflicht steht, die Ausländeranzahl zu reduzieren, der wird es wohl nie verstehen.
Was haben wir für eine WM gesehen? Deutschland hat die Pflichtaufgaben gegen Großbritannien, Dänemark und Frankreich gelöst, Gastgeber Slowakei niedergerungen und dazu gegen Finnland gezeigt, auch Top-Nationen schlagen zu können. An einem schlechten Tag ist gegen eine Mannschaft wie Kanada aber auch immer noch ein Debakel möglich.
Es gibt zwei Wahrheiten, wenn man den Ist-Zustand beschreiben will. Die eine lautet: Das Team hat sich größtenteils herausragend präsentiert, eine historisch gute Vorrunde hingelegt und mit dem Viertelfinal-Einzug und der damit verbundenen und so eminent wichtigen Olympia-Qualifikation für Peking 2022 alles erreicht, was man vor WM-Start erhoffen durfte.
Mehr noch: Unter dem neuen Bundestrainer Toni Söderholm hat die Truppe in vielen Phasen gezeigt, dass Deutschland im Eishockey auch spielerisch überzeugen will und das auch kann. Das hat es in dieser Form überhaupt noch nicht gegeben. Söderholm ist nicht nur deshalb der perfekte Nachfolger für Marco Sturm.
Es gibt aber auch eine andere Wahrheit. Deutschland hat die als Endspiel ums Viertelfinale deklarierte Begegnung gegen die Slowakei dank guter Moral gewonnen, vor allem aber auch dank des nötigen Spielglücks und der individuellen Klasse von Superstar Leon Draisaitl. Dazu ist es Fakt, dass die Parallelgruppe mit Russland, Schweden, Tschechien, der Schweiz und Lettland stärker besetzt war.
Die trügerische Weltrangliste: Die Schweiz als Vorbild
Deutschland wird zwar in der Weltrangliste technisch gesehen die Schweiz überholen und auf Rang sieben vorrücken. Aber die nackte Platzierung und der positive Trend dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass zur Schweiz einiges fehlt. Die Schweiz war in der Slowakei 0,4 Sekunden davon entfernt, zweimal in Folge bei einer WM Kanada aus dem Turnier zu werfen. Der Schweiz fehlte 2018 nur etwas Glück im Penaltyschießen zu Gold. Eishockey ist in der Schweiz Nationalsport, das wird es in Deutschland niemals werden. Dennoch kann sich die DEL einiges vom Nachbarn abschauen.
Die Schweizer Liga ist vor allem deshalb so stark, weil nur wenige, zugegeben auch teure, Ausländer pro Team erlaubt sind. Wer als Ausländer in der Schweiz spielt, muss eine Granate sein. Jungen Spielern bietet sich so die perfekte Möglichkeit, von Top-Spielern zu lernen, sie bekommen aber gleichzeitig die Gelegenheit, sich selbst zu entwickeln. Während es in der Schweiz oder auch in anderen Top-Ligen Europas völlig normal ist, dass junge einheimische Spieler beispielsweise viel Eiszeit im Power Play bekommen, ist das in der DEL eine Seltenheit.
Ja, Deutschland bringt immer wieder herausragende Talente heraus. Der auch in der Slowakei sehr beeindruckend agierende Moritz Seider ist aktuell das neueste Beispiel. Aber wie Söderholm schon im SPOX-Interview vor einigen Monaten erklärte, ist nicht Seider das Problem. Das Problem ist, dass Deutschland einen ganzen Haufen von Seiders entwickeln und sie dann auch spielen lassen muss, wenn man mittel- und langfristig jedes Jahr im WM-Viertelfinale stehen und vielleicht wirklich mal eine realistische Chance auf mehr haben will.
DEL ist gefordert: Höchstens sechs Ausländer pro Team
Die Schweiz kann es wegstecken, dass ein Star wie Timo Meier diesmal die WM verpasste, weil er mit den San Jose Sharks noch um den Stanley Cup kämpfte und dabei eine tragende Rolle spielte. Was ist mit dem DEB-Team, wenn die Edmonton Oilers irgendwann doch in der Lage sind, um Connor McDavid und Leon Draisaitl ein konkurrenzfähiges Team zusammenstellen? Wenn Draisaitl also die WM nicht spielen kann, weil er einen langen Playoff-Run erlebt, was man ihm im Übrigen sehr wünschen sollte?
Olympia-Silber war ein sensationeller Erfolg, der nicht geschmälert werden soll und darf. Es bleibt aber Realität, dass jedes WM-Turnier in jedem Jahr sportlich eine viel höhere Wertigkeit hat. Das Halbfinale bei der WM zu erreichen, ist schwieriger als eine olympische Medaille zu gewinnen, solange die NHL-Spieler dem Turnier fern bleiben.
Deshalb bleibt ein klares Muss: Die DEL muss die Anzahl der Ausländer weiter verringern. Auf höchstens fünf oder sechs. Genauso müssen Schlupflöcher geschlossen werden. Thema: eingedeutschte Spieler. Die deutschen Spieler haben bei der WM eindrucksvoll gezeigt, dass sie mehr Unterstützung in der heimischen Liga verdienen.
Die Vereine würden sich damit selbst den größten Gefallen tun, weil Erfolge der Nationalmannschaft auch im Eishockey das Wichtigste für die Sportart sind. Kapieren sie das nicht, wird es für immer das Höchste der Gefühle bleiben, in einem guten Jahr mit guter Konstellation und Top-Auftritten im Viertelfinale zu stehen. Aber mehr wird nicht drin sein.
Deutschlands letzte Platzierungen bei der Eishockey-WM
Jahr | Ergebnis |
2019 | 6. Platz |
2018 | 11. Platz |
2017 | 8. Platz |
2016 | 7. Platz |
2015 | 10. Platz |
2014 | 14. Platz |
2013 | 9. Platz |
2012 | 12. Platz |
2011 | 7. Platz |
2010 | 4. Platz |
2009 | 15. Platz |