"Wir haben das Momentum nicht verloren"

Von Interview: Alexander Mey
Frank Hördler ist nach diesem Penalty-Tor gegen Slowenien in der Presse in aller Munde
© Imago

Frank Hördler ist Deutschlands bester Verteidiger bei der WM und seit seinem Penalty-Tor gegen Slowenien in aller Munde. SPOX entlockte ihm vor dem Viertelfinale (Mi., 20 Uhr im LIVE-TICKER) eine Kampfansage in Richtung Schweden, analysierte mit ihm die Zwischenrunde und fragte ihn nach Gerüchten über einen Wechsel in die KHL.

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SPOX: Vor fast genau einem Jahr ging es gegen Schweden um Platz drei bei der Heim-WM. Jetzt ist es wieder soweit. Sie waren damals hautnah dabei. Sind die Emotionen noch gegenwärtig?

Frank Hördler: Ich war beim Spiel gegen Schweden zwar dabei, bin aber damals keinen einzigen Wechsel gefahren. Die Emotionen waren aber bei uns allen die gleichen. Das war Wahnsinn. Die Euphorie ist von Spiel zu Spiel größer geworden. Schweden war dann nach dem Habfinale gegen Russland noch einmal ein Höhepunkt. Allein, an so einem Spiel teilnehmen zu dürfen, war irre.

SPOX: Wie war die Stimmung direkt nach dem verlorenen Schweden-Spiel? Totale Enttäuschung oder Freude über das grandiose Turnier?

Hördler: Am Anfang war die Enttäuschung. Man kämpft 60 Minuten lang gegen einen super Gegner, der die Medaille genauso haben will wie man selbst, und verliert dann. Klar ist man erst einmal down. Von Minute zu Minute hat sich das aber gelegt und man hat begriffen, dass man Vierter bei der Heim-WM geworden ist. Genial!

SPOX: Sind die Schweden diesmal fällig?

Hördler: Jeder Gegner ist irgendwann fällig! (lacht) Ich denke, dass es ein unheimlich gutes Spiel werden wird. Und es wird ein sehr harter Kampf, da bin ich mir sicher. Die Schweden werden von der ersten Minute an alles rein werfen, das wissen wir und darauf sind wir vorbereitet.

SPOX: Das ging ja schon in der WM-Vorbereitung mit zwei knappen Niederlagen gegen Schweden los. Macht das Mut?

Hördler: Ganz bestimmt. Das ist wie eine Treppe, die wir Stufe für Stufe von der Vorbereitung bis hin zu diesem Spiel erklommen haben. Jeder starke Gegner, gegen den wir gewonnen oder gut ausgesehen haben, hat uns ein Stück weiter gebracht.

SPOX: Auch spielerisch, wie man bei dieser WM gesehen hat.

Hördler: Wir wollen auch gegen Schweden nicht nur hinterher rennen und den Gegner jagen, sondern versuchen, unser Spiel zu machen. Es ist aber auch klar, dass das gegen so starke Nationen wie Schweden schwierig wird. Trotzdem müssen wir es probieren, weil wir nur so zu unseren Chancen kommen und Tore schießen können. Mit passivem Spiel haben wir keine Chance.

SPOX: Ist das eine Lehre aus dem Tschechien-Spiel, in dem das Team zwar nicht passiv, aber trotzdem zum ersten Mal in diesem Turnier deutlich unterlegen war?

Hördler: Meiner Meinung nach sind die Tschechen bisher die beste Mannschaft in dem Turnier, zumindest von denen, gegen die wir gespielt haben. Sie haben es uns vor allem dadurch unglaublich schwer gemacht, dass sie erstens den Puck sehr gut kontrolliert haben und zweitens so gespielt haben, dass sie uns erst verlangsamt und dann mit blitzschnellen Pässen zugeschlagen haben. Das ist unglaublich schwer zu verteidigen.

SPOX: Nach drei Siegen in der Vorrunde haben Sie alle drei Spiele in der Zwischenrunde verloren. Ein gutes Momentum fürs Viertelfinale sieht anders aus.

Hördler: Man muss auch sehen, dass unsere Gegner in der Zwischenrunde noch verbissener um ihre Punkte gekämpft haben als in der Vorrunde. Auch die Russen finden langsam zu ihrer Form. Sie waren sicher im ersten Spiel überrascht, wie gut wir gegen sie gespielt haben. Ich finde, wir haben gegen Finnland in der Zwischenrunde unser bestes Spiel im ganzen Turnier gemacht. Die haben ihr bestes Eishockey gespielt, uns auf keinen Fall unterschätzt und wir haben trotzdem einen Punkt geholt. Das war wie ein Sieg für uns. Nur weil wir die Spiele verloren haben, haben wir nicht das Momentum verloren.

SPOX: Sie persönlich stehen seit ihrem verwandelten Penalty gegen Slowenien im Fokus der Medien. Überrascht?

Hördler: Ich bin überhaupt nicht der Typ für diese Aufmerksamkeit. Ich halte mich lieber im Hintergrund. Von daher war ich schon überrascht über all die Fragen, wie ich mich gefühlt habe. Das konnte ich gar nicht ausdrücken.

SPOX: Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie den ersten Penalty Ihrer Profi-Karriere geschossen haben?

Hördler: Daniel Kreutzer hat mich bei Uwe Krupp vorgeschlagen, weil schon fast alle Stürmer geschossen hatten. Das hat er mir aber erst im Nachhinein erzählt. Dann habe ich noch einen Tipp von Dennis Endras bekommen, wie ich schießen soll - und es hat geklappt.

SPOX: Mal daran gedacht zu kneifen?

Hördler: Um Gottes Willen! Das kam überhaupt nicht in Frage. Ich wollte schließlich auch den Sieg erzwingen. Im ersten Moment ist mir trotzdem kurz das Herz stehen geblieben. Ich hatte nicht einmal mehr den Helm auf, weil ich nicht damit gerechnet habe, schießen zu müssen.

SPOX: Sie spielen in der deutschen Verteidigung eine sehr gute WM. Ist das die logische Konsequenz Ihrer Entwicklung?

Hördler: Ich habe mich in den letzten Jahren Schritt für Schritt gesteigert. Man lernt einfach aus den vielen Spielen, die man macht, sei es bei den Eisbären in der Liga oder jetzt bei der Nationalmannschaft. Man sagt ja, dass man aus Fehlern lernt. Das habe ich getan und ich habe zum Glück bei den Eisbären auch die Zeit dafür bekommen. Das hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Wenn man dann noch gegen so Superstars wie Jaromir Jagr spielen kann, dann kann man sich von denen nur das Beste abschauen.

SPOX: Offenbar haben Sie genug gelernt, um das Interesse der russischen Eliteliga KHL zu wecken. Gibt es konkretes Interesse?

Hördler: Damit will ich mich im Moment noch gar nicht beschäftigen. Ich schiebe das alles vor mir her, bis die WM vorbei ist.

SPOX: Aber Sie haben doch sicher Fernziele in der Karriere. Vielleicht KHL, oder trotz Ihrer 26 Jahre sogar noch NHL?

Hördler: Jetzt muss ich aufpassen, wie ich das formuliere. An sich beschäftige ich mich damit überhaupt nicht, aber ich wäre sicher auch nicht abgeneigt, wenn jemand käme und mich fragt, ob ich Lust habe. Ich bin jedoch niemand, der nach einer guten DEL-Saison sagen würde: Ich muss jetzt da rüber. Auf gar keinen Fall. Ich bin ein Eisbär und darüber bin ich sehr froh. Alles, was danach kommt, wäre ein Bonus, aber auf den arbeite ich nicht hin.

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