Außergewöhnliche Ereignisse erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Wenn sich über 60 Blogger organisieren, zusammenschließen und konzertiert eine Aktion gegen Homophobie starten, dann ist das Grund genug für eine monothematische SPOX-Blogschau zu dem Thema. Ein Interview mit Stefanie Barthold, einer ehemaligen Sportjournalistin und Mitglied im Projektteam der "Aktion Libero" haben wir selbst geführt. An dieser Stelle sollen auch die Blogger selbst noch einmal zu Wort kommen:
"Eine ganz andere Geschichte ist das Verhältnis zur FIFA. Wir haben nach der Vergabe der WM 2020 nach Katar eine Erklärung herausgegeben, dass wir als QFF nicht mit dieser Entscheidung einverstanden sind. In Katar steht Homosexualität unter Strafe. Im Hinblick auf ein mögliches Outing eines Fußballspielers ist dieser Umstand ein Ausschlusskriterium für die Einreise und somit auch die Teilnahme an der WM. Wir als Fans sind davon natürlich auch betroffen und können unsere Nationalmannschaft vor Ort nicht unterstützen. Diese Erklärung haben wir an die FIFA geschickt, aber keine Antwort erhalten. Die FIFA und Josef Blatter sind also das Problem. Nicht der DFB und Theo Zwanziger."
Das ganze Interview im Blog Blogundweiss.
"In einem Leben zu stecken, das nicht das eigene ist, als ein Mensch, der man nicht sein will: das funktioniert. Aber es führt zum schleichenden Selbstverlust. Wer jemals auch nur eine Stunde mit Menschen verbracht hat, zu denen er nicht passt, für die er aber aus welchen Gründen auch immer gut sein muss, indem er ein Anderer ist, der kann ermessen, wie es sein mag, das einen ganzen Tag lang tun zu müssen, eine Woche, oder ein Leben lang. Gemeinsam mit Anderen zu leben als jemand, der man nicht ist; unter Anderen zu sein und gleichzeitig auf elementare Weise alleine zu bleiben: Eine größere Einsamkeit kann ich mir kaum vorstellen. Das fällt mir ein, wenn ich an schwule Profifußballer denke.
Seit ich mir ein solches Leben für einen einzigen Moment vorgestellt habe und erkenne, welche Folgen das zwanghafte Klima des Fußballs für einen Menschen auch im Jahre 2011 haben kann, weiß ich, dass sich das ändern muss."
Der ganze Beitrag im Blog Freitagsspiel.
"Wann immer man glaubt, es gebe im Fußball so etwas wie zarte Fortschritte in Bezug auf den Umgang mit dem Thema Homosexualität, folgt so sicher die Ernüchterung auf dem Fuße wie der Abpfiff des Schiedsrichters nach 90 Minuten plus Nachspielzeit. Beispiele gefällig? »Wenn ein Spieler schwul ist, ist er trotzdem mein Mannschaftskollege, und für mich würde sich im Umgang mit ihm nichts ändern«, hatte Philipp Lahm einmal dem schwulen Lifestyle-Magazin Front Ende des Jahres 2007 gesagt und ergänzt: »Ich registriere das nicht, für mich geht es darum, welche Ansichten jemand hat und ob er sich vernünftig verhält. Ich lebe gerne in einer liberalen, offenen Gesellschaft, in der ein tolerantes Miteinander ohne diskriminierende Vorurteile möglich ist.« Dreieinhalb Jahre später erschien Lahms Buch ›Der feine Unterschied‹, in dem der Kapitän des FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft ausdrücklichen Wert auf die Feststellung legt, keineswegs homosexuell zu sein, und in dem er darüber hinaus behauptet, zum Umzug genötigt gewesen zu sein, nachdem ihm ein Mann vor seiner Haustür gestanden habe, sich in ihn verliebt zu haben.
Und den ehemaligen Hertha-Kicker Arne Friedrich, deutscher Nationalspieler wie Lahm, störte die Tatsache, dass beim Googeln seines Namens als erster Ergänzungsbegriff das Wort ›schwul‹ angeboten wird, so sehr, dass er seine Lebensgefährtin kürzlich in einem offenen Brief an die Bild-Zeitung versichern ließ, die gemischtgeschlechtliche Liebe zu bevorzugen."
Der ganze Beitrag im Blog LizasWelt.
"Auch ich habe dumme Dinge gesagt und getan. Ich beschrieb es bereits. Man kann jetzt anführen, dass ich noch klein war. Natürlich. Und es auch nicht besser wusste. Stimmt auch. Zu meinem Glück gab es immer noch ein Korrektiv in Person meiner Mutter oder meines Vaters bzw. meiner Familie, manchmal auch der Schule. Immer war jemand da, der mir gesagt hat, was richtig und was falsch ist.
Meine Eltern haben mich sehr geprägt. Ihre Lebensgeschichte. Ihre Erziehung. Darüber bin ich furchtbar froh. Und ich bin furchtbar froh darüber, wenn Menschen sich zusammentun und für eine gute Sache einstehen. Wie zum Beispiel die Aktion Libero. Sportblogger gegen Homophobie im Fußball. Da bin ich bei."
Der ganze Beitrag im Blog Catenaccio.
"Ich brauche keinen medienträchtigen Anlass, um mich über Homophobie im Fußball aufzuregen. Mir reicht es, wenn ich in meine Google Referrer schaue und ständig mit Suchanfragen nach dem Muster "[Spielername] schwul" konfrontiert werde. Was hinter "[Spielername] Freundin" steckt, sei einmal dahingestellt. Es kotzt mich an, wenn irgendwo im Block der Schiri zur Schwuchtel und der gegnerische Stürmer zur schwulen Sau gemacht wird. Von den, hihi, wissenden Hinweisen auf Frisuren, Kleidung und wasweißdennich gar nicht zu reden.
Ich brauche übrigens auch kein anonymes Interview mit einem schwulen oder auch, dann eher nicht anonym, nicht schwulen Fußballspieler, der die möglichen Folgen eines Outings skizziert, um zu wissen, dass da noch verdammt viel im Argen liegt, und ich bin ehrlich gesagt ein bisschen froh, dass niemand, mit dem ich im Rahmen der Aktion Libero zu tun hatte, auf eine medienwirksame Story mit einem schwulen Fußballspieler aus war. Auch wenn das gewiss ein Mehr an Publizität brächte."
Der ganze Beitrag im Blog Angedacht.
"Was bleibt, wenn man sich das in den Statistiken ansieht, wenn man Bierhoff, Daum oder andere komisches Zeug quatschen hört, ist auf eine gewisse Art und Weise Fassungslosigkeit. Und man sollte sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass das kein folkloristisches und niedliches Gerede ist, sondern etwas, was 2011 gesellschaftlich geächtet werden sollte. Nämlich die weit verbreitete Homophobie im Sport, gerade in den sogenannten "Männersportarten", die dafür sorgt, dass das Outing eines aktiven Fußballers in der Bundesliga etwas ganz und gar Unvorstellbares scheint."
Der ganze Beitrag im Blog liga.park.drei.
"Bis heute ist "Homosexualität im Fußball" ein merkwürdiges Phänomen, von allen Seiten. Die einen, die sich trauen, packen die "Muss man auch mal sagen dürfen"-Keule raus, und merken nicht, wie sie zu geistigen Brandstiftern werden. Die anderen googlen jeden halbwegs bekannten Bundesligaprofi mit dem Zusatz "schwul" und kommen damit auch massenweise in meinem Blog an. Und die, die sich auf der richtigen Seite wähnen, ergötzen sich oftmals auch am Reiz des Geheimen, an den Gerüchten und den angeblich bombensicheren Informationen, die ihnen ein Schwager eines Ex-Kreisligatrainers gesteckt haben will. Ich gebe zu, auch so reagiert zu haben. Es ist ja auch so verlockend, aus Nationalspielern, die eng mit homosexuellen Prominenten befreundet sind, mehr zu stricken. Tatsache ist: Es ist egal. Es sollte egal sein."
Der ganze Beitrag im Blog Sportteil
""Heun, Heun, der Schwule mit der Neun". Ich war vielleicht 14, 15, bestenfalls 16 und fand es irgendwie witzig diesen Slogan der älteren Anhänger mitzurufen, wenn denn Rot-Weiß Erfurt mit eben jenem torgefährlichen Jürgen "Kimme" Heun, seines Zeichens mit der Rückennumer neun ausgestattet, wieder mal nach Cottbus kam.
Nicht dass ich in irgendeiner Form im zur Homosexualität schweigenden Ostdeutschland der End-80er wusste, was dieses schwul sein eigentlich bedeuten soll. Ich glaube, ich habe noch nicht einmal geahnt, dass es dabei um die intensive Zuneigung zweier Männer zueinander geht. Ich freute mich einfach, weil es sich reimte und weil schwul irgendetwas komisches, ekliges, unmännliches und unanständiges war."
Der ganze Beitrag im Blog Rotebrauseblogger.
"Als guter Fußballer wurde Fashanu 1990 nicht mehr wahrgenommen, als er seine "I am Gay!"-Story an die Sun verkaufte. Knapp 100.000 Pfund ließ sich das Gelbe Blättchen sein Geständnis kosten. Geld das Fashanu nicht brauchte. Ihm ging es, so sagte er, tatsächlich darum etwas Gutes zu bezwecken, die Gesellschaft für das Thema sensibilisieren und präventiv Selbstmorde von Homosexuellen zu verhindern. Und vielleicht auch darum, die Nachricht als Erster zu verbreiten.
Denn kurz vor seinem Comingout erfuhr Fashanu, dass unzweideutige Photos aufgetaucht waren, die seine Maskerade enttarnt hätten. Nicht nur, dass er für seine Homosexualität von der schwarzen Gemeinde Englands und sogar von seiner Familie verurteilt wurde, nach seinem Comingout trieb Fashanu die Geschichte auf die Spitze. Er erdachte Äffaren und gab sich dadurch unbewusst der Lächerlichkeit preis. "Feeding The Mouth That Bites You".
Der ganze Beitrag im Blog Bend it like Bender.
Es ist leider unmöglich, aus allen Blogs zu zitieren. Weitere Unterstützertexte findet Ihr in folgenden Blogs:
Ansichten aus dem Millionendorf
Fakten und Gerüchte aus dem Stadionbus
mySPOX-User Bailey
mySPOX-User Voegi
mySPOX-User xxlhonk
Die nächste Blogschau erscheint nächsten Mittwoch am 23. November.
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