Haken dran. Fast zwölf Monate ist Dominic Thiem ohne Titel geblieben, seit Sonntag in Buenos Aires ist diese Durstrecke Geschichte. Zwei Dinge hat Thiem mit seiner beeindruckenden Vorstellung untermauert: Er ist in ausgezeichneter körperlicher Verfassung, lässt sich auch von Temperaturen um die 30 Grad Celsius nicht aus der Ruhe bringen (im Gegensatz etwa zu Halbfinal-Gegner Gael Monfils). Im Endspiel ließ er ab und zu sogar das Handtuch unbenutzt zurückgehen, eine Wohltat im Gegensatz zu den notorischen "Towelers" auf der Tour. Und eben auch ein Zeichen der Konzentration auf das Wesentliche, den Sieg.
Noch wichtiger aber: Thiem hat seinen Kontrahenten signalisiert, dass es überhaupt keinen Spaß macht, gegen ihn auf Sand anzutreten. Der heavy Spin greift wie eh und je, auf der Vorhand- wie auf der Rückhand-Seite. Wer Thiem gegenüber steht, muss in der Regel ein paar Meter hinter der Grundlinie agieren. Eher reagieren. Hier und da findet ein Schuss ins Ziel, das war auch bei Aljaz Bedene der Fall - aber eben bei weitem nicht genug, um Thiem in Bedrängnis zu bringen.
Der Weg von Dominic Thiem zum Titel in Buenos Aires ist im Übrigen nicht unähnlich zu jenem von Roger Federer ins Finale von Rotterdam: Zeballos, Pella, Monfils, Bedene, das hört sich keineswegs schlechter an als Bemelmans, Kohlschreiber, Haase und Seppi. Natürlich sollte Thiem diese Gegner auf Sand (nein: auf jedem Untergrund) schlagen, aber die Souveränität der österreichischen Nummer eins war beachtlich. So ähnlich hat man den nunmehr neunfachen Titelträger ja auch zu Beginn des Jahres in Doha gesehen, auch dort war vor der Erkrankung Thiems der große Coup möglich.
Top Ten - ohne Wenn und Aber
Zumal es einige Punkte gibt, die Thiem noch besser machen kann: Angefangen mit der Effizienz bei Breakbällen. Und dem Aufschlag von der Vorteilsseite nach außen. Natürlich war das Service in den Matches gegen Zeballos, Monfils und Bedene unantastbar, wenn der Kick auf dir Rückhand der Rechtshänder aber auch noch regelmäßig kommt, steht einer weiteren brillanten Sandplatz-Kampagne nichts entgegen.
Und ja, das sei den notorischen Nörglern gesagt, mit seinen Leistungen hat sich Dominic Thiem völlig zurecht unter den besten zehn Spielern der Welt etabliert. Oder stellt jemand die Top-Ten-Berechtigung von Grigor Dimitrov in Abrede, dessen Leistungen auf Sand 2017 nicht annähernd so gut waren wie jene Thiems auf Hartplatz? Mit Ausnahme der Großen Vier plus Stan Wawrinka in Normalform haben nun einmal alle Topspieler ihr präferiertes Geläuf bzw. zeigen auf unterschiedlichen Belägen unterschiedlich starke Leistungen. Ob Federer auf Sand dies noch einmal unter Beweis stellen möchte, wird sich weisen.
Das Programm von Dominic Thiem ist in den kommenden Wochen jedenfalls ziemlich streng getaktet, in dieser Woche in Rio de Janeiro geht es um die Titelverteidigung, danach folgen Acapulco und die beiden großen US-Hartplatz-Turniere. Die Vorstellung in Buenos Aires aber macht Lust auf mehr Tennis des 24-jährigen Niederösterreichers.