Die ÖSV-Herren haben zum Saisonstart damit gleich die ersten zwei Weltcuprennen gewonnen, der Sölden-Riesentorlauf wurde bekanntlich abgesagt. War der Hirscher-Sieg "erwartet" worden, sorgte Franz in Kanada doch für eine Riesenüberraschung. Der 29-jährige Kärntner hatte wegen seiner langjährigen Knieprobleme im Vorfeld nur eingeschränkt trainieren können und startet nach einem Markenwechsel zu Fischer zudem mit neuen Skiern. Mit seinem erst zweiten Weltcupsieg nach Gröden 2016 sorgte er zugleich für den ersten ÖSV-Abfahrtserfolg in Lake Louise seit Michael Walchhofer 2010.
Dass an einem wahren Traumtag mit stahlblauem Himmel über dem Banff National Park die Startnummer 1 vor der Nummer 2 gewann, unterlegte, dass die äußeren Umstände eine mitentscheidende Rolle gespielt haben mussten. Das war selbst Franz klar. "Es schaut schon so aus, als ob ich mit dem Wind ein bisserl Glück gehabt hätte", sagte der WM-Dritte von St. Moritz. "Er war auf meiner Seite. Aber um zu gewinnen, muss eben alles zusammenpassen."
Favorit Beat Feuz geschlagen
Während man im ÖSV über den Sieg jubelte, mussten die Favoriten geschlagen abziehen. Vor allem Beat Feuz, der sich nach Fabelleistung im Training mit Platz sechs zufriedengeben musste. "Ich habe den Fallaway nicht so getroffen wie im Training. Für den Sieg hätte es mit meiner Startnummer 15 aber selbst mit einer absoluten Topfahrt nicht gereicht", ärgerte sich der Schweizer über Gegenwind.
Auch die sonst in Kanada so dominierenden Norweger erlitten eine Schlappe. Aksel Lund Svindal war trotz seiner Handverletzung als Achter noch der Beste. Gleichauf mit dem achtfachen Lake-Louise-Triumphator landete der Vorjahreszweite Matthias Mayer. "Ich hätte gedacht, eine super Fahrt gehabt zu haben", war Mayer über acht Zehntel Rückstand überrascht.
Johannes Kröll ergänzte als Zehnter ein ÖSV-Quartett in den Top-Ten. Hannes Reichelt war nach Platz 18 hingegen enttäuscht. "Ich hatte eigentlich eine gute Fahrt. Aber das ist nicht mein Rennen hier", sagte der Salzburger.
Kriechmayr: "Wind hat gewechselt"
Ähnliches entfuhr Kriechmayr. "Nicht ganz", antwortete er auf die Frage nach seiner Zufriedenheit. "Ich bin gut gefahren und der Wind hat sicher auch bei mir gewechselt. Aber für den Max hätte es ohnehin nicht gereicht", sagte der Oberösterreicher. "Lake Louise ist einfach nicht meine Abfahrt, so gesehen muss man mit einem Vierten eh zufrieden sein."
Fischer-Fahrer Kriechmayr hatte Franz nach dessen Markenwechsel voll unterstützt. Zu viel? "Nein. Ich bin sehr froh, dass er zu uns gekommen ist. Er hat uns mit seinem Gefühl sehr weitergeholfen", sagte Kriechmayr und schloss schmunzelnd: "Früher hat man geglaubt, ich bin so gut. In Wirklichkeit haben wir einfach die besten Ski. Max ist ein guter Freund. Aber diesen Ski sieht er nicht mehr", scherzte er.
Franz bestätigte, dass dieser erst zweite Weltcup-Sieg zwei Jahre nach Gröden hohen Stellenwert habe. "Ich war ja schon mehrmals hier knapp dran und hab's immer vergeigt. Lake Louise ist ein geiles Rennen. Es ist wunderschön, einmal ganz oben zu stehen."
Am Sonntag bekommen die ÖSV-Herren beim Super-G die Chance auf den dritten Saisonsieg. "Ich hoffe, dass wir zwei da wieder ganz vorne sind. Nur halt in umgekehrter Reihenfolge", sagte Kriechmayr augenzwinkernd.