Marcel Koller gilt nicht als Freund großer Veränderungen, zumindest was seinen Nationalteam-Kader anbelangt. Seit seiner Bestellung als ÖFB-Teamchef im Jahr 2011 setzt er zu einem großen Teil auf immer dieselben Spieler. Diesmal könnte es jedoch einige Veränderungen geben. Dafür sprechen nicht nur die zuletzt schwachen Ergebnisse (2:3 gegen Serbien, 0:1 gegen Irland), sondern auch andere Faktoren.
Da wäre beispielsweise die Sperre von Alessandro Schöpf. Aufgrund einer gelbroten Karte im U21-EM-Playoff gegen Spanien fällt der Schalker für das WM-Qualifikationsspiel gegen Moldawien aus. Ob Koller den Tiroler trotzdem für das anschließende Freundschaftsspiel gegen Finnland in Innsbruck nominiert, bleibt fraglich. Schöpfs Teamkollege Guido Burgstaller wiederum hat sich mit starken Leistungen für eine Einberufung aufgedrängt. Im Interview mit SPOX stellte der Teamchef dem Stürmer bereits eine Einberufung in Aussicht.
Das Außenverteidiger-Problem
Mit oder ohne Burgstaller - in der Offensive ist das ÖFB-Team grundsätzlich gut aufgestellt. Viel dringlichere Probleme gibt es anderswo. Nach dem Rücktritt von Ramazan Özcan muss sich Koller auf die Suche nach einem neuen Tormann machen. Dazu kommen die Baustellen auf den Außenverteidiger-Positionen. Links präferierte Koller zuletzt Kevin Wimmer. Der Innenverteidiger, der bei Tottenham nur sporadisch Einsätze sammelt, ist dort aber nicht der Weisheit letzter Schluss. Dazu dürfte Stefan Stangl seinen Kaderplatz wohl endgültig verlieren, nachdem er bei RB Salzburg weiterhin nur auf der Tribüne sitzt.
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Auf der rechten Seite tat sich derweil ein neues Problemfeld für Koller auf. Der bisher gesetzte Florian Klein ist bei Stuttgart-Trainer Hannes Wolf in Ungnade gefallen und hat seit Ende November keine Spielminuten mehr gesammelt. Freilich wird Koller für die nächsten Spiele weiterhin am 30-jährigen Oberösterreicher festhalten. Mit dem bei Salzburg in der Offensive tätigen Valentino Lazaro hat er als Alternative für Klein aber nur eine Notlösung parat. Gut möglich, dass der Teamchef daher auch auf dieser Position handelt.
Die Kandidaten für eine Einberufung:
Guido Burgstaller (Schalke 04)
14 Treffer hat er in 16 Zweitligapartien für Nürnberg geschossen. Den Teamchef hat dies jedoch nicht so richtig beeindruckt: "In Nürnberg hat er viele Tore geschossen, aber in der zweiten Liga. Das ist schon ein ganz anderes Niveau als das Nationalteam", sagte der 56-Jährige im Interview mit SPOX. Nun trifft Burgstaller aber auch für Schalke. Sechs Tore hat er für die Königsblauen seit seinem Wintertransfer erzielt. "Er wird eventuell wieder seine Chance bekommen", deutet Koller ein Nationalteam-Comeback des Kärntners an.
Kader-Chance: 90 %
Moritz Bauer (Rubin Kazan)
Der geborene Schweizer verfügt mittlerweile über die österreichische Staatsbürgerschaft und hat mehrmals betont, bereit für eine Einberufung zu sein. Als Außenverteidiger wäre er für den ÖFB-Kader ein Segen, kann der Rechtsfuß doch auf beiden Abwehrseiten zum Einsatz kommen. Vier Assists hat der Vier-Millionen-Euro-Mann in dieser Saison für Rubin Kazan schon gesammelt, in den letzten Spielen pendelte der 25-Jährige aber zwischen Startelf und Ersatzbank. "Ich hab mit Moritz telefoniert und ihm mitgeteilt, dass wir ihn am Radar haben", sagt ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner im SPORTMAGAZIN. "Ob er schon Ende März gegen Moldawien dabei ist, entscheidet Marcel Koller."
Kader-Chance: 50 %
Marco Knaller (SV Sandhausen)
Nach Özcans Rücktritt könnte seine große Stunde schlagen. Der 29-Jährige hat sich bei Sandhausen zu einem der besten Goalies der 2. deutschen Liga gemausert. Erst Anfang Februar stellte er mit vier Spielen in Folge ohne Gegentor einen neuen Vereinsrekord auf. Schon mehrmals betonte Knaller in Interviews, gerne für das ÖFB-Team auflaufen zu wollen. Ein kleiner Disput mit dem Verband, als der Sohn des ehemaligen Austria- und Admira-Goalies Wolfgang Knaller nicht für die U20-WM 2007 nominiert wurde, ist längst vergessen.
Kader-Chance: 50 %
Daniel Bachmann (Stoke City)
Als Stammspieler bei Sandhausen hat Knaller in der Torhüterfrage womöglich die besten Chancen auf eine Nominierung. Zuletzt standen im ÖFB-Team aber andere Namen auf Abruf: Daniel Bachmann und Richard Strebinger. Letzterer ist aufgrund seiner Degradierung bei Rapid wohl kein Thema mehr. Der Stoke-Torhüter darf sich aber durchaus gute Chancen ausrechnen. Zwar kommt der Steirer bei den Potters in der U23 zum Einsatz, aber beim ÖFB hält man enorm große Stücke auf den 22-Jährigen. Das hat er seinen starken Leistungen für die U21-Nationalmannschaft zu verdanken. Seine Einberufung wäre auch ein Wink für die Zukunft.
Kader-Chance: 40 %
Andreas Ulmer (RB Salzburg)
Sollte Stefan Stangl aus dem Kader fliegen, wäre er der logische Ersatz. Ulmer bringt für Salzburg bärenstarke Leistungen. Darum besteht bei den Bullen auch kein Bedarf für Neuzugang Stangl. Zum letzten Mal stand Ulmer im November 2014 beim 1:2 gegen Brasilien für Österreich am Feld. Insgesamt bestritt er drei Nationalspiele. Der 31-Jährige kennt die Abläufe unter Koller. Er würde sich wohl ohne Probleme, im ÖFB-Team einfügen. Zukunftsweisend wäre die Einberufung des Routiniers aber nicht.
Kader-Chance: 40 %
Stefan Lainer (RB Salzburg)
Ein weiterer Außenverteidiger, der sich für eine Einberufung empfohlen hat. Der 24-Jährige zeigt bei RB Salzburg momentan ordentlich auf. Sieben Assists und fünf Tore in dieser Saison sind eine Duftmarke, die auch Marcel Koller aufgefallen sein dürfte. Entwickelt sich die Laufmaschine so weiter, könnte er im Nationalteam auch langfristig zu einer wertvollen Option auf der rechten Außenbahn werden.
Kader-Chance: 40 %
Konrad Laimer (RB Salzburg)
Der 19-Jährige gehört bei Salzburg schon jetzt zu den absoluten Leistungsträgern. Früher oder später wird die Mittelfeld-Perle ihre Einsätze in der Nationalmannschaft bekommen. Vielleicht lässt Koller die Zukunftsaktie schon jetzt Teamluft schnuppern. Dafür spricht, dass auf die ÖFB-U21, für die Laimer normalerweise zum Einsatz kommen würde, erst im Herbst ihre wichtigen Spiele in der EM-Qualifikation bestreitet. Koller könnte nun die Gelegenheit nutzen, sich die Fähigkeiten des Pressingspezialisten aus nächster Nähe anzusehen.
Kader-Chance: 10 %
Kevin Danso (FC Augsburg)
Nach einem einzigen Spiel in der deutschen Bundesliga schon bereit für das Nationalteam? Nein. Sportlich wäre 18-Jährige freilich noch keine echte Verstärkung für Koller. Gut möglich, dass der Defensiv-Allrounder aber aus anderen Gründen nominiert wird. Der in Österreich geborene und in England aufgewachsene ÖFB-U19-Nationalspieler könnte aufgrund seiner Eltern in Zukunft auch für Ghana spielen. Mit einem Kurzeinsatz würde sich der ÖFB die Dienste des Augsburg-Talents langfristig sichern. Bisher fiel Österreichs Verband aber kaum mit Einberufungen solcher Art auf.
Kader-Chance: 5 %
Der letzte ÖFB-Kader im Überblick